Erklärung vom 12.5.2021 – Wir sagen Stopp!

Die Welt steht still….

Die Pandemie trifft uns alle. Sie schränkt unser Leben in nie dagewesenem Maße ein: Menschen befinden sich in Quarantäne, Schüler*innen bleiben Zuhause, Alte und Kranke sind ohne Besuch, Geschäfte, Gastronomie und Kultur ringen ums Überleben, nächtliche Ausgangsbeschränkungen und Maskenpflicht bestimmen unseren Alltag. Vorsicht und Rücksichtnahme ist das Gebot der Stunde. Oberste Priorität haben Kontaktbeschränkungen, um Ansteckungsgefahren zu vermeiden und das Leben und die körperliche Unversehrtheit eines jeden einzelnen von uns zu schützen.

Aber die Asylverfahren laufen weiter!

Völlig losgelöst davon laufen die Verfahren im Asyl- und Flüchtlingsrecht weiter. Behörden und Gerichte nehmen auf die Pandemie keine Rücksicht:

  • Die Behörde erlässt Bescheide mit kurzer Rechtsmittelfrist ohne Rücksicht darauf, dass es zurzeit schwer ist, Rechtsrat zu erhalten, und viele Betroffene sich in Quarantäne befinden.
  • Abschiebungen werden vollzogen selbst in Länder wie Afghanistan und Somalia.
  • Es werden stundenlange Asylanhörungen und Gerichtverhandlungen in geschlossenen Räumen geführt.
  • Die Vorlage ärztlicher Atteste wird gefordert, ohne Rücksicht darauf, dass das Gesundheitssystem ohnehin schon überlastetet ist.

Dies alles bedeutet, dass Geflüchtete und ihre Kinder Hilfen und Gespräche an verschiedenen Stellen in Anspruch nehmen müssen, und das mit großem Zeitdruck angesichts der kurzen Fristen. Das führt zu unnötigen Wegen durch die Stadt, vermeidbaren Ansteckungen und Quarantänen- auch für unsere Mitarbeiter*innen.
Denn auch wir können unsere Türen nicht schließen. Als Flüchtlingsberatungsstelle haben wir es aber mit Menschen zu tun, die durch Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften besonders von Infektionsrisiken belastet sind. Stellen wie unsere können im Infektionsfall leicht eine Ansteckung von einer Sammelunterkunft zur anderen bewirken. Für manche Bewohner*innen von Aufnahmeeinrichtungen reiht sich Quarantäne an Quarantäne.

Faktisch bleiben die Betroffenen immer häufiger ohne Beistand. Auch in der ehrenamtlichen Hilfe sind viele Menschen engagiert, die nicht vor der Wahl stehen sollten, ihre Schützlinge alleine zu lassen oder gesundheitliche Risiken einzugehen.

So kann es nicht weitergehen!

Wir fordern, dass der Infektionsschutz auch im Asylrecht und dessen Vollstreckung Vorrang haben muss! Das Recht auf Leben und die körperliche Unversehrtheit gilt für alle Menschen. Die Fortführung der bisherigen Behördenpraxis ist unter Pandemiebedingungen nicht vertretbar. Asylantragsteller*innen, Richter*innen, Sprachmittler*innen und Behördenmitarbei-ter*innen setzen sich und andere gesundheitsgefährdenden Situationen aus, die vermeidbar wären.

Als Rechtsberater*innen arbeiten wir seit Monaten unter einer enormen Arbeitsbelastung. Stundenlange Gerichtstermine, Beratungen auf engem Raum ohne die ausreichende Möglichkeit von Testung und Impfung auf Seiten der Klient*innen sind unser Alltag geworden. Die Telefone stehen nicht mehr still, die Anfragen übersteigen unsere Kapazitäten bei weitem. Ein Recht auf Beratung ist für Asylsuchende unionsrechtlich vorgeschrieben – faktisch können es viele aber nicht in Anspruch nehmen.

Daher fordern wir: Solange Kontaktbeschränkungen notwendig sind und die Mehrzahl die Betroffenen nicht geimpft wurde:

  • Aussetzung der Zustellung aller negativen Bescheide!
  • Keine weiteren Anhörungen und nur unaufschiebbare Gerichtstermine!
  • Wahrung des Rechts auf körperliche Unver-sehrtheit und Leben auch für Geflüchtete und die Menschen, die mit ihnen arbeiten!

a most wanted man

Im April 2007 klingelte bei Anne Harms das Mobiltelefon: „Guten Tag, mein Name ist David Cornwell. Sie kennen mich vielleicht eher als John LeCarré…“

Für seinen 21. Roman, „A most wanted man“ (Deutsch: „Marionetten“), dessen eine Hauptfigur ein tschetschenischer Geflüchteter ist, bat er fluchtpunkt um Beratung. Und so kam es, dass nicht nur die beiden Hauptfiguren, Issa Karpow und der Banker Tommy Brue auf reale Vorbilder zurückgehen, sondern auch die Menschenrechtsanwältin Annabel Richter und die Flüchtlingshilfeorganisation „Fluchthafen“ Ähnlichkeiten mit fluchtpunkt und der einen oder anderen fahrradfahrenden Kollegin von damals aufweisen :).

David Cornwell erlaubte uns, am Werden des Buches teilzuhaben und auch bei den darauf folgenden Dreharbeiten für den gleichnamigen Film hatten wir ihn, Rachel McAdams, die die Annabell Richter spielte, und Regisseur Anton Corbijn ein paar Mal zu Gast in unseren Räumen für Gespräche über unsere Arbeit.

Wie sahen David Cornwell wann immer er nach Hamburg kam. Wenn er von den Menschen erzählte, die er bei Recherchen für seine Bücher kennengelernt hatte, zeigte sich ein besonderer Wesenszug: Er interessierte sich aufrichtig für alle, denen er begegnete. Und er war sicher einer der freundlichsten Menschen, denen wir begegnet sind. Am 12. Dezember ist John LeCarré im Alter von 89 Jahren gestorben.

Unsere Welt ist nun bisschen kleiner. Farewell David.

In diesem Video erzählt John LeCarré über sein Buch, ab Minute 4‘20“ ist geht es auch um fluchtpunkt.

 

Ankunftzentrum unter Quarantäne – was nun?

Update: Mit Stand vom 13.11.2020 ist die Quarantäne aufgehoben. Wir dokumentieren den Beitrag weiterhin wegen der möglichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit zugestellten Bescheiden.

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Seit Mitte der vergangenen Woche steht das Ankunftszentrum am Bargkoppelstieg unter Quarantäne. Wir wünschen allen Bewohner*innen das Beste, für die schon die „normalen“ Wohnbedingungen dort eine starke Belastung sind, und hoffen, dass niemand ernsthaft erkrankt und der Ausbruch bald wieder zum Stillstand kommt.

Die Quarantäne hat auch erheblichen Einfluss auf die rechtlichen Verfahren der Bewohner*innen. Weder können sie Anwält*innen oder Beratungsstellen aufsuchen, noch mit ablehnenden Bescheiden zum Verwaltungsgericht gehen, um dort persönlich Klage zu erheben.

Zwar hat die BAMF-Außenstelle Hamburg angekündigt, für die Dauer der Quarantäne keine ablehnenden Bescheide zuzustellen. Einige Bescheide waren aber offenbar bereits zu Beginn der Quarantäne auf dem Weg und sind auch zugestellt werden.

Dazu möchten wir darauf hinweisen: Rechtsanwält*innen können im Notfall auch telefonisch beauftragt werden, und Klagen können mit relativ einfachen Mitteln auch selbst schriftlich erhoben werden. Musterschreiben finden sich im Internet, z. B. für eine Klage gegen einen Dublin-Bescheid hier (ob in diesen Fällen ein Antrag auf aufschiebende Wirkung sinnvoll ist, sollte allerdings sorgfältig geprüft und ggf. mit eine*r Anwält*in/Beratungsstelle geklärt werden), für die Klage gegen eine Asylablehnung hier.

Es ist möglich, dass keiner dieser Wege im Einzelfall gangbar ist und die Klagefrist versäumt wird. In diesen Fällen haben sowohl BAMF als auch Verwaltungsgericht vorab Verständnis signalisiert. Möglicherweise wird man dann einen sog. „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ stellen müssen, eventuell kommt auch eine erneute Zustellung des Bescheids durch das BAMF in Frage. Wir empfehlen dringend, sich in solchen Fällen mit eine*r Anwält*in oder Beratungsstelle in Verbindung zu setzen.

Gericht bestätigt: Abschiebung aus Flüchtlingsunterkunft ohne richterlichen Beschluss ist illegal!

Nächtliche Abschiebungen aus Flüchtlingsheimen, ohne dass dies zuvor ein*e Richter*in prüfen würde, werden in Hamburg seit Jahrzehnten praktiziert. Und sie sind illegal. Auch die Flüchtlingsunterkunft ist Wohnraum, auch sie steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Das hat heute noch einmal das Oberverwaltungsgericht Hamburg (Az. 4 Bf 160/19) bekräftigt.
In dem von der kirchlichen Beratungsstelle fluchtpunkt und Rechtsanwalt Carsten Gericke gemeinsam betriebenen Grundsatzverfahren ging es um die Abschiebung einer irakisch-kurdischen Familie in die Niederlande. Mitarbeitende der Ausländerbehörde Hamburg hatten sich dafür frühmorgens Zutritt zur Unterkunft der Familie verschafft, ohne dass dies zuvor gerichtlich angeordnet worden wäre.
Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied bereits Anfang 2019, dass ein solches Vorgehen rechtswidrig ist: Auch Flüchtlingsunterkünfte sind „Wohnung“ im Sinne des Grundgesetzes und als solche unverletzlich. weiterlesen

Verfassungswidrige Leistungskürzungen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Ein Großteil der Sanktionskürzungen im Arbeitslosengeld II sind verfassungswidrig. Dies betrifft ggf. auch anerkannte Geflüchtete mit einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis, wenn sie existenzsichernde Leistungen beziehen. Grundsätzliche Erwägungen der Entscheidung dürften sich aber auch auf die Leistungen für Asylsuchende und Geduldete übertragen lassen. weiterlesen

„Chorallen“ am 17.11.2019 um 18 Uhr in der Pauluskirche

Weil’s am letzten Sonntag mit den „Wüsten Eltern“ so schön war, treten am Sonntag, den 17. 11. 2019 in der Pauluskirche (Altona-Nord) noch die „Chorallen“ für uns auf – ebenfalls unter der Leitung von Samuel Busemann und  – seit diesem Jahr – Martin Schönfeldt.

Die „Chorallen“ sind seit 1995 der Stadtteilchor in Altona und bestehen mittlerweile aus rund 40 Sängerinnen und Sängern (In den Männerstimmen wird noch Verstärkung gebraucht). Der Chor organisiert sich selbst – von der Planung der Probenwochenenden und der Konzerte bis hin zur Liedauswahl. Gesungen werden überwiegend vierstimmige Sätze internationaler Chormusik (klassisch bis modern), Kanons, Volkslieder und aktuelle Hits.

Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten. Die Hälfte davon geht an uns.

Die „Wüsten Eltern“ singen am 2. November 2019 für uns!

Wüste Eltern – Der Elternchor des Emilie Wüstenfeld-Gymnasiums in Hamburg feiert sein 20-jähriges Jubiläum. 1999 unter der Leitung von Anke Fibiger gegründet, dirigiert seit 2016 Samuel Busemann diesen wunderbaren Chor. Seither singen rund 30 Sängerinnen und Sänger überwiegend vierstimmige Sätze internationaler Chormusik von klassisch bis modern, Kanons, Volkslieder und Spirituals. Am 2. November 2019 wird es ein “best of” aus dem Repertoire der letzten 20 Jahre geben.

Der Eintritt ist frei, um Spenden für unsere Arbeit wird gebeten.

Wann: Samstag, 02. 11. 2019, 19.00 Uhr

Wo: Pauluskirche Altona

Schicken wir ein Schiff – Wir schicken ein Schiff!

Am 25.6.2019 haben wir auf die Petition „Schicken wir ein Schiff“ von Beatrice von Weizsäcker und Sven Giegold hingewiesen, nun ist es tatsächlich soweit: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, kündigte an, die EKD werde in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis ein zusätzliches Schiff zur Rettung von Ertrinkenden ins Mittelmeer senden. Hier können Sie die Pressemitteilung der EKD lesen, hier die Stellungnahme von Sven Giegold.

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