Flüchtlingspolitische Beschlüsse der EKD-Synode seit 2015

Auf der kürzlich zuendegegangenen EKD-Synode in Würzburg wurde lebhaft über Flucht und Asyl diskutiert. Nicht das erste Mal – wir dokumentieren gern diese Sammlung von Synodenbeschlüssen aus den Jahren 2015-2023. Immer wieder haben die Synodalen sich gegen Ausgrenzung und Abschottung, für Seenotrettung, für die Stärkung des Familiennachzugs ausgesprochen oder die Bedeutung des Kirchenasyls unterstrichen. Nächstenliebe, praktisch gedacht, bedeutet auch: die Menschenrechte schützen und achten.

EKD-Synode: Diskussion über kirchliche Positionierung in der Asyldebatte

Als Nachlese zur EKD-Synode möchten wir auf diese Paneldiskussion aufmerksam machen (Direktlink zum etwa einstündigen Video hier). Über die gegenwärtige Migrationsdebatte sprachen Teilnehmende einer Podiumsdiskussion auf der Tagung der EKD-Synode 2024 in WürzburgWie kann, wie soll sich Kirche in der sich beständig verschärfenden Debatte um Migration, schutzsuchende Menschen und Asyl positionieren? Wir freuen uns natürlich besonders, dass unsere Leiterin Anne Harms an der Runde teilnehmen konnte. Ihre Frage: „Glauben wir ernsthaft, es macht unser Land sicherer, Menschen der völligen Verelendung und Entrechtung aussetzen? Glauben wir, dass Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, weniger anfällig für Radikalisierung und psychische Krisen sind?“
Das Thema der sogenannten illegalen Migration sei nicht das wichtigste politische Problem in Europa. Stattdessen müsse man sich fragen, ob man heute, wo es noch möglich sei, genug dafür tue, die Klimakatastrophe abzuwenden.

„Sea-Eye 5“ sticht in See

Im Frühsommer startete United4Rescue einen Spendenaufruf für ein viertes Bündnisschiff. Dank sehr vieler Spenden und breiter Unterstützung war der Schiffskauf erfolgreich – im Sommer wurde der ehemalige DGzRS-Rettungskreuzer von der Schauspielerin Sandra Hüller auf den Namen „Sea-Eye 5“ getauft. Jetzt ist das Schiff zu seinem ersten Einsatz aufgebrochen.

Hier finde Sie die Pressemitteilung von United4Rescue: https://united4rescue.org/de/die-schiffe/sea-eye-5/

Und hier können Sie einen Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ lesen, die vor dem Auslaufen zu einem Schiffsbesuch vor Ort in Sizilien war: „Verloren auf hoher See“

Vorsitzende der EDK-Synode, Anna-Nicole Heinrich, zum Bruch des Kirchenasyls in Hamburg

„Richtig wütend“ sei sie über den Bruch des Kirchenasyls in Hamburg, sagte die Vorsitzende der EKD-Synode, des „Kirchenparlaments“, Anna-Nicole Heinrich.

Wir danken ihr für diese klare Positionierung, die die Menschenwürde von Geflüchteten in den Mittelpunkt stellt, und dokumentieren nachfolgend ihre vollständige Pressemitteilung.

„Die Nachricht vom Bruch des Kirchenasyls in Hamburg hat mich richtig wütend gemacht. Bisher habe ich darauf vertraut, dass die Behörden die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Kirchen respektieren. Nun häufen sich die Falle, dass diese Vereinbarung nicht mehr geachtet wird und Menschen aus dem Kirchenasyl heraus abgeschoben werden. Das sind keine Versehen. Unangekündigte brachiale Polizeieinsätze gegen Menschen im Kirchenasyl sind völlig überzogen und unverhältnismäßig. Das muss aufhören!

Das Kirchenasyl ist ein letztes Mittel, um in konkreten Härtefällen Menschlichkeit walten zu lassen. Ziel ist es gefährdete, bedrohte, schwache Menschen zu schützen. Deshalb wird es immer aus guten Gründen und erst nach sorgfältiger Prüfung gewährt. Und genau deshalb werden wir dieses Engagement nicht aufgeben, auch wenn der politische Druck steigt und die Abschiebezahlen erhöht werden sollen. Es geht nicht um Zahlen, es geht um Menschen, um Frauen, Männer und Kinder – wie würde es uns gehen, wenn wir selbst betroffen wären?

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt für jeden Menschen – egal, woher er kommt. Deutschland hat sich nach 1945 diese Würde mühsam zurückerobert – und hat sich in der Mitte der Völker über viele Jahrzehnte als ein Land der Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit erwiesen. Und nun sind wir gerade dabei, all das aufs Spiel zu setzen. Als Kirchen werden wir weiterhin Schwache schützen und Geflüchteten einen Raum geben. Menschen, die unsere Hilfe brauchen, dürfen uns nicht egal sein.“

 

Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH): Afghanische Frauen sind durch die Maßnahmen der Taliban-Regierung von Verfolgung bedroht

In einem aktuellen Urteil vom 4.10.2024 (Informationsverbund Asyl & Migration – Detail, Rechtssachen C‑608/22 und C‑609/22) stellt der EuGH klar, dass die umfangreichen Maßnahmen und Gesetze der Taliban-Regierung zur Diskriminierung von Frauen in ihrer Summe zur Folge haben, dass alle afghanischen Frauen allein aufgrund ihres Geschlechts in ihrem Herkunftsland von Verfolgung bedroht sind. Das Urteil kann weitreichende Folgen haben. Afghaninnen, denen in der Vergangenheit nur ein Abschiebungsverbot zugesprochen oder deren Asylantrag gar vollumfänglich abgelehnt wurde, sollten sich zu der Frage beraten lassen, ob im Hinblick auf dieses Urteil die Stellung eines Asylfolgeantrags sinnvoll sein könnte.

Geeignete Beratungsstellen finden Sie im Hamburger Netzwerk Asylverfahrensberatung: www.avb-netzwerk-hamburg.de .

Bruch des Kirchenasyls: Ein besorgniserregender Kulturwandel

Wir sind entsetzt über den Bruch des Kirchenasyls in der katholischen Heilige-Elisabeth-Pfarrgemeinde in Hamburg-Bergedorf. Das Eindringen von Polizei und Ausländerbehörde in den geschützten Raum der Kirche ist in Hamburg bislang beispiellos und darf sich nicht wiederholen.

Kirchenasyl ist gelebte Verantwortung. Die Kirchengemeinde, die einem geflüchteten Menschen Zuflucht gewährt, tut dies nach gewissenhafter Prüfung und in Achtung des christlichen Gebots der Nächstenliebe. Diese Gewissensentscheidung wurde in Hamburg bislang stets respektiert. Die einseitige Aufkündigung dieses Konsenses durch die Innenbehörde zeigt einen Kulturwandel auf, der uns über das Asylrecht hinaus Sorgen machen sollte.

Das Kirchenasyl kann die Möglichkeit bieten, in schwierigen Fällen noch einmal einen Gesprächsfaden zu den Behörden anzuknüpfen. Dieser Schutzraum, sinnbildlich gemacht durch die Aufnahme in kirchliche Räume, muss erhalten bleiben.

Zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist 2018 vereinbart worden, dass jeder Fall eines ins Kirchenasyl aufgenommenen Menschen sorgfältig auf mögliche Härtefallgründe geprüft werden soll. Die Gemeinden wenden deshalb viel Mühe auf, um Dossiers zusammenzustellen, die den Einzelfall beleuchten. Leider erleben wir sehr häufig, dass diese durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stereotyp abgelehnt werden mit Textbaustein-Begründungen, die dem Einzelfall nicht gerecht werden.

Auch im konkreten Fall in Bergedorf war ein junger Mensch aus Afghanistan in großer Not. Der Betroffene leidet unter einer psychischen Erkrankung, für die er in Schweden keine Hilfe findet, da Schweden abgelehnten Asylsuchenden keine Hilfen mehr gewährt, sondern sie in die Obdachlosigkeit entlässt. Zudem wurde er mit der Abschiebung nach Afghanistan bedroht. Nach deutschen Rechtsmaßstäben wäre ihm dagegen höchstwahrscheinlich ein Aufenthaltsrecht gewährt worden.

Wir rufen den rot-grünen Senat auf, das Gespräch mit den Kirchen zu suchen und von weiteren Räumungen Abstand zu nehmen. Hamburg darf sich hier nicht vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter Druck setzen, sich nicht in den Strudel einer überhitzten politischen Debatte hineinziehen lassen. Die Qualität einer humanen Flüchtlingspolitik bemisst sich nicht in der Zahl durchgeführter Abschiebungen.

Fortbildung „Kinder und Jugendliche im Asylverfahren“ am 25.11.2024

Minderjährige Geflüchtete gehören zu den schutzbedürftigsten Menschen überhaupt. Nicht wenige mussten ihre Familien zurücklassen und kommen unbegleitet in Deutschland an. Es ist für ihre Zukunft von zentraler Bedeutung, dass die Minderjährigen sowohl unmittelbar bei ihrer Ankunft in Deutschland als auch auf ihrem Weg bestmöglich unterstützt werden.

Über den folgenden Link können Sie sich für die Fortbildung, die wir in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk Hamburg am Montag, den 25. Nov. 2024 von 9:30 – 13:30 Uhr anbieten, anmelden: Anmeldelink

Die Fortbildung findet in den Räumen des
Diakonisches Werk Hamburg
Königstraße 54
22767 Hamburg
statt.

 

 

 

„SAG MIR ERST, WIE ALT DU BIST …. „

Wir möchten Sie und Euch auf den

FACHTAG zur VERSORGUNG UNBEGLEITETER MINDERJÄHRIGER GEFLÜCHTETER

am Donnerstag, den 17. Oktober 2024, von 13.00 bis 17.30 Uhr

im

Diakonisches Werk Hamburg
Königstraße 54
22767 Hamburg
aufmerksam machen.

Die Lebensperspektiven unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter in Hamburg hängen von vielen Faktoren ab: Wie wird ihr Alter festgelegt? Wo werden sie untergebracht? Wer wird Vormund? Wie werden sie beschult? Wo werden sie beraten?

An diesem Fachtag wollen wir aus verschiedenen Perspektiven die Situation von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Hamburg beleuchten.  Diese stellt sich vielfach als prekär dar. Die Jugendlichen werden häufig älter geschätzt als sie sind, wodurch sie nicht mehr in der Jugendhilfe aufgenommen werden. Es gibt zu wenige Unterbringungsplätze. Es ist schwer, Vormundschaften zu finden, die die Jugendlichen in ihrer Lage angemessen vertreten und begleiten.

Wir holen die Perspektiven  verschiedener Akteure in der Migrationsarbeit und der Jugendhilfe, von  freien Trägern und in Behörden ein und wollen uns besser vernetzen, um gemeinsam praktikable Handlungsoptionen und Lösungen zu finden – im Interesse der schutzsuchenden Jugendlichen in Hamburg.

Dieser Fachtag wird veranstaltet von: Diakonie Hamburg: Migration & Internationales & fluchtpunkt – Kirchliche Hilfstelle für Flüchtlinge

Die Veranstaltung findet in Präsenz statt, über den folgenden Link kann die Anmeldung erfolgen:

Diakonie Hamburg | „SAG MIR ERST, WIE ALT DU BIST …. “ – Donnerstag 17.10.24, 13:00 (diakonie-hamburg.de)

Statement Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg) zur aktuellen Asyldebatte

Der Vorsitzende der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz und Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg), erklärt zur aktuellen Asyldebatte:

„Vor dem Hintergrund der Terrortat von Solingen und der aktuellen Landtagswahlen wird in Deutschland derzeit eine hitzige Asyldebatte geführt. Tatsächlich muss der islamistische Terrorismus entschieden bekämpft werden. Dieses Anliegen teilen gerade auch Menschen, die vor Krieg und Terror geflüchtet sind.
Was jedoch niemandem hilft, ist ein Überbietungswettbewerb asylrechtlicher Verschärfungen. Durch emotionalisierte Zuspitzungen und den markigen Ruf nach vermeintlich einfachen Lösungen wird eine gefährliche Dynamik in Gang gesetzt: Ängste werden geschürt, unerfüllbare Erwartungen geweckt – und auf diese Weise droht die demokratische und rechtsstaatliche Kultur unseres Landes Schaden zu nehmen. Auch das europäische Projekt wird gefährdet, wenn im größten Mitgliedstaat der EU Forderungen laut werden, sich über das gemeinsame Recht einfach hinwegzusetzen. Fast in Vergessenheit scheint dabei zu geraten, dass die EU mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) bereits restriktivere Regelungen beschlossen hat, die nun schrittweise umgesetzt werden.
Aus meiner Sicht steht fest: Rechtsstaatliche Grundsätze und internationale Verpflichtungen sind ein hohes Gut. Sie zu achten ist das Fundament, um zu verantwortungsvollen Lösungen zu gelangen. Es gilt, durch sachliche Politik zu überzeugen – etwa, indem man die Kommunen wirksam unterstützt, bestehende Hürden auf dem Weg zu gelingender Integration abbaut und bürokratische Verfahren vereinfacht. Sicherheit und Flüchtlingsschutz sind keine Gegensätze, sondern gehören zusammen!“

Statement von Erzbischof Heße zur aktuellen Asyldebatte: Deutsche Bischofskonferenz (dbk.de)

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