Der faule „Asylkompromiss“

Masterplan-Migration-der-CSU

Nach einer wochenlang mutwillig vom CSU-Vorsitzenden und Bundesinnenminister Seehofer inszenierten Regierungskrise haben sich CDU und CSU nun auf einen „Kompromiss“ geeinigt.

Er sieht vor, dass an der deutsch-österreichischen Grenze „Transitzentren“ eingerichtet werden sollen. Schutzsuchende, die die Grenze überqueren, sollen in diesen Zentren inhaftiert werden (das steht nicht so deutlich im Kompromisspapier, ergibt sich aber als logische Konsequenz dessen, dass man ihre Weiterreise verhindern will) und für die Dauer der Inhaftierung als noch nicht nach Deutschland eingereist gelten („Fiktion der Nichteinreise“). Von hier sollen sie „in die zuständigen Länder zurückgewiesen“ werden.

Abgesehen davon, dass mit den „Transitzentren“ einer der ältesten Hüte der aktuellen Asyldebatte aus dem Schrank geholt wird (Seehofer forderte solche Einrichtungen schon im Herbst 2015, angelehnt an ungarische Vorbilder), ist das Konzept in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig.

Eine „Fiktion der Nichteinreise“ kann es an der deutsch-österreichischen Grenze nicht geben. Denn seit 1993 gibt es den einheitlichen Schengenraum. Mit einer Außengrenze, über die eingereist wird, und Binnengrenzen, an denen zwar staatliche Zuständigkeiten enden, aber keine erneute Einreise erfolgt. Es gibt hier also keinen „Transitbereich“ und kann folglich auch keine „Transitzonen“ geben. Einen solchen „Transitbereich“ gibt es in Deutschland nur an Flughäfen, weil hier die Einreise aus dem Nicht-EU-Ausland möglich ist.

Wissenschaftlich hat das Prof. Anna Lübbe schon 2016 auf dem Verfassungsblog dargestellt.

Ist der deutsche Transit österreichisches Hoheitsgebiet?

Für die Rückführung sollen Verwaltungsabkommen mit anderen EU-Ländern abgeschlossen werden. Das ist für Asylsuchende nicht notwendig, denn die Rücknahmeverpflichtung des für einen Asylantrag zuständigen Mitgliedstaats ergibt sich bereits unmittelbar aus der Dublin-III-Verordnung. Diese ist auch einzuhalten, etwaige neue Abkommen dürften die Geltung der Verordnung daher nicht einschränken.

Für den Fall, dass andere EU-Staaten sich einem solchen Abkommen verweigern, ist die Zurückweisung nach Österreich geplant. Abgesehen davon, dass Österreich bereits angekündigt hat, sich solchen Zurückweisungen zu widersetzen, wäre auch das rechtswidrig. Denn die Überstellung ist nach der Dublin-Verordnung nur in den zuständigen Staat zulässig. Hierauf hat der Schutzsuchende nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil „Mengesteab“) einen einklagbaren Anspruch. Selbst wenn er schon einmal erfolglos in Deutschland Asyl beantragt hat, ist bei einer Rückkehr ein neues Dublin-Verfahren durchzuführen (EuGH, Urteil „Aziz Hasan“). Und gegen die Entscheidung im Dublin-Verfahren muss dem Betroffenen effektiver Rechtsschutz in einem gerichtlichen Verfahren gewährt werden, vorher darf nicht abgeschoben werden (EuGH, Urteil „Hassan“).

Rechtswidrig ist auch der (vermutliche) Plan der Inhaftierung von mehreren tausend Menschen jährlich. Denn in den „Transitzentren“ könnte höchstens das Dublin-Verfahren durchgeführt werden. Die Dublin-Verordnung regelt aber in Art. 28, dass eine Inhaftierung für die Dauer des Dublin-Verfahrens nur in Frage kommt, wenn eine „erhebliche Fluchtgefahr“ besteht – dagegen ist ausdrücklich ausgeschlossen, jeden Schutzsuchenden schon deshalb zu inhaftieren, weil er dem Verfahren unterliegt.

Fazit: der „Kompromiss“ der Unionsfraktionen sieht ein rechtswidriges Konzept vor, das wahrscheinlich mit einer massenhaften Inhaftierung verbunden wäre, für die die einschlägige Dublin-Verordnung keine Grundlage bietet, und die darum ihrerseits rechtswidrig sein dürfte.

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