Informationen zur Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland (letzte Aktualisierung: 18.3.2022)

  1. Einreise und Aufenthalt ukrainischer Staatsangehöriger
    Ukrainische Staatsangehörige können visumfrei in die EU und nach Deutschland einreisen, auch ohne biometrischen Pass oder ganz ohne Papiere. Der Aufenthalt ist visumfrei für 90 Tage; nach Ablauf der 90 Tage ist nach einer Auskunft des Bundesinnenministeriums (BMI) ein Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis für weitere 90 Tage möglich (§ 40 Aufenthaltsverordnung i. V. m. § 7 Abs. 1 S. 3 Aufenthaltsgesetz).
    Mehrere Bundesländer bevorzugten anfänglich andere Wege; so verlängerte Berlin den visumfreien Aufenthalt aller ukrainischen Staatsangehörigen per Allgemeinverfügung vorläufig bis Ende Mai, Schleswig-Holstein riet seinen Ausländerbehörden, auf einen Antrag hin zunächst vorläufige Bescheinigungen auszustellen („Fiktionsbescheinigung“). NRW kündigte an, die BMI-Regelung umzusetzen, Hamburg ebenfalls. Anträge sollten in Hamburg an die Bezirksämter gerichtet werden (die allerdings nach unserer Erfahrung seit längerem nur schwer erreichbar sind, mit langen Bearbeitungszeiten).
    Nachdem die EU-Innenminister*innen am 3.3.2022 einem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt haben, die „Richtlinie über vorübergehenden Schutz“ zu aktivieren, hat Hamburg nun begonnen, an die begünstigten Personen Fiktionsbescheinigungen zu erteilen. Die Fiktionsbescheinigung gilt als vorläufiger Aufenthaltstitel. Sie erlaubt den Aufenthalt für bis zu ein Jahr. Damit verbunden ist, soweit das den ersten erteilten Bescheinigungen zu entnehmen war, ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang.
    Den Antrag auf eine solche Fiktionsbescheinigung können stellen:
    – Ukrainische Staatsangehörige, die bis Kriegsausbruch am 24.2. ihren regelmäßigen Aufenthalt in der Ukraine hatten, und ihre Familienangehörigen;
    – in der Ukraine als Flüchtlinge oder mit ähnlichem Schutzstatus anerkannte Drittstaatsangehörige, die bis Kriegsausbruch ihren regelmäßigen Aufenthalt dort hatten, und ihre Familienangehörigen;
    – weitere Drittstaatsangehörige, sofern sie in der Ukraine einen unbefristeten Aufenthaltsstatus hatten und bis Kriegsausbruch ihren regelmäßigen Aufenthalt dort hatten, und ihre Familienangehörigen; für diese dritte Gruppe gilt die vorläufige Aufnahme allerdings nur, sofern es ihnen nicht möglich ist, sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückzukehren.
    Mittelfristig dürften anstelle der Fiktionsbescheinigungen Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 Aufenthaltsgesetz zu erteilen sein.
    Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben ausdrücklich Abschiebungsstopps für ukrainische Staatsangehörige beschlossen. Es wird aber auch kein anderes Bundesland jetzt in die Ukraine abschieben.
    2. Einreise und Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen aus der Ukraine
    Dem Krieg versuchen auch viele Menschen zu entkommen, die nicht aus der Ukraine stammen, aber dort gelebt haben, z. B. als Studierende, Arbeitskräfte oder Asylsuchende.
    Bislang scheinen die EU-Nachbarstaaten auch diese Menschen einreisen zu lassen, allerdings gab es anfänglich Berichte über erhebliche Behinderungen und Verzögerungen auf der ukrainischen Seite.
    Die Einigung der EU-Staaten auf die Aktivierung der EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz erfasst in erster Linie diejenigen Drittstaatsangehörigen, die in der Ukraine als Flüchtlinge geschützt waren, oder die dort ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hatten und nicht sicher und dauerhaft in ihre Länder zurückkehren können (s. o. Punkt 1). Hinsichtlich weiterer Drittstaatsangehöriger, die in der Ukraine nur einen befristeten Aufenthalt hatte (z. B. Studierende oder Arbeitsmigrant*innen), wird den Mitgliedstaaten ein Ermessen eingeräumt.
    Nach den vorläufigen Anwendungshinweisen des BMI zu § 24 AufenthG sollen diese Personen in den vorübergehenden Schutz einbezogen werden unter den gleichen Bedingungen wie solche Personen, die in der Ukraine ein unbefristetes Aufenthaltsrecht innehatten. D. h. auch Drittstaatsangehörige mit befristetem Aufenthalt in der Ukraine (Studierende, Arbeitsmigrant*innen etc.) können in Deutschland ein Aufenthaltsrecht erhalten, sofern sie nicht sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer zurückkehren können.
    In Hamburg scheint die Prüfung einer Rückkehrmöglichkeit derzeit nicht vorrangig zu erfolgen. Auch für Drittstaatsangehörige werden Fiktionsbescheinigungen ausgestellt. Allerdings gibt es auch Berichte über Einzelfälle, wo dies nicht geschehen ist.
    Denkbar ist für die Drittstaatsangehörigen auch ein Asylantrag, wobei dessen Erfolgsaussichten dann nicht an der Lage in der Ukraine, sondern an derjenigen im Herkunftsland hängen würden.
    Russische Staatsangehörige, die wegen der Sanktionen nicht ausreisen können, können sich in Hamburg an die Bezirksämter wenden und sollen dort eine Fiktionsbescheinigung erhalten.
    3. Asylverfahren
    Grundsätzlich besteht für ukrainische Staatsangehörige die Möglichkeit, Asylanträge zu stellen. Allerdings würde das BAMF über einen Antrag wegen der sich täglich ändernden Lage vermutlich über eine längere Zeit nicht entscheiden.
    Für ukrainische Staatsangehörige dürfte es derzeit sinnvoller sein, die Entwicklung der Lage abzuwarten und entweder den visumfreien Aufenthalt in Anspruch zu nehmen oder gleich einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach der EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz zu stellen.
    Für Menschen aus Drittstaaten, die in der Ukraine gelebt haben, besteht in vielen Fällen ebenfalls die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel zum vorübergehenden Schutz zu beantragen (s. o. Punkt 2). Im Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, einen Asylantrag zu stellen; wir empfehlen, sich dazu qualifiziert beraten zu lassen.
    4. Unterbringung, Arbeitsmarktzugang, Sozialleistungen
    In Hamburg können sich ukrainische Staatsangehörige, die nicht bei Freunden oder Bekannten unterkommen können, nach Auskunft des Amts für Migration im Ankunftszentrum im Bargkoppelstieg melden und dort auch ohne Asylantrag untergebracht werden. Achtung: wer bereits Unterkunft hat, bitte NICHT im Ankunftszentrum vorsprechen (dort herrscht großer Andrang), sondern online einen Termin im Amt für Migration, Hammer Straße 32-34 vereinbaren. Dort erfolgt eine Registrierung.
    Im visafreien Aufenthalt und im verlängerten Aufenthalt nach § 40 AufenthV gibt es keine Arbeitserlaubnis, möglich sind bestimmte Praktika und Freiwilligendienste sowie rein karitative Tätigkeiten, ansonsten dürfen nur bestimmte Berufsgruppen arbeiten (zB Journalist*innen mit Arbeitgeber im Ausland, Forscher*innen, Berufssportler*innen oder Models, den meisten dürfte der Arbeitsmarkt daher versperrt sein).
    Mit den in Hamburg jetzt ausgestellten Fiktionsbescheinigungen ist eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis verbunden („Beschäftigung gestattet“). Es dürfte sich hier um einen Vorgriff auf die Bedingungen der zu erteilenden Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG und der EU-Richtlinie über vorübergehenden Schutz handeln.
    Personen im visafreien Aufenthalt in den ersten drei Aufenthaltsmonaten haben nach Gesetzeswortlaut keinen Anspruch auf reguläre Sozialleistungen und können lediglich die sog. Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII beantragen; damit können die Kosten für Unterkunft, Nahrung und Körperpflege sowie eine Basis-Gesundheitsversorgung abgedeckt werden. Das BMI regt in seinen Anwendungshinweisen an, den Antrag auf Leistungen hier als gleichzeitiges Schutzgesuch zu werten, so dass unmittelbar Leistungen nach AsylbLG gewährt werden können. Berlin scheint sich für eine derartige Lösung entschieden zu haben.
    Wer nach den ersten 90 Tagen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 40 AufenthV beantragt, soll nach einer Auskunft des BMI Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz erhalten können, also ein gegenüber dem „normalen“ Arbeitslosengeld II gekürztes Sozialleistungsniveau. Zuständig sind die Sozialämter.
    Mit einer Fiktionsbescheinigung oder Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG besteht ebenfalls Anspruch auf Asylbewerberleistungen. Zuständig sind die Sozialämter.
    Bei einem Asylantrag besteht zunächst ein Beschäftigungsverbot für bis zu neun Monate, außerdem gilt eine Wohnverpflichtung in einer Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 18 Monate. Es besteht dort Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

 

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