Keine Einschüchterung der Zivilgesellschaft! Wir wehren uns gegen Versuche, aktives bürgerschaftliches Engagement zu beschneiden

In einer Kleinen Anfrage mit über 500 (!) Fragen will die Unionsfraktion von der Bundesregierung wissen, welche zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in den vergangenen Wochen zu „Demos gegen Rechts“ aufgerufen haben, steuerlich begünstigt werden. Der Union sind hier insbesondere „Proteste gegen die CDU Deutschlands“ als „gezielte parteipolitische Einflussnahme“ ein Dorn im Auge. Im Namen der „politischen Neutralität“ will die Union darum wissen, ob z. B. die „Omas gegen Rechts“, CORRECTIV, Campact e. V., die Deutsche Umwelthilfe oder Tierrechteorganisationen wie PETA „explizit für oder gegen eine Partei geworben“ hätten, wann sie zuletzt durch das Finanzamt geprüft worden seien, ob leitende Mitglieder politische Ämter innehätten oder enge Verbindungen zu Parteien hielten oder ob sie „gezielt gegen bestimmte Parteien oder Politiker Kampagnen“ führten.

Abgesehen davon, dass die CDU/CSU nahezu in den gesamten letzten drei Jahren „Kampagnen“ gegen „bestimmte Parteien oder Politiker“ geführt hat (ein Bundeswirtschaftsminister könnte davon einiges berichten): die Anfrage offenbart ein bemerkenswertes Misstrauen, ja eine Angst vor einer aktiven Zivilgesellschaft. Dabei dürfte die Union eigentlich nicht allzu überrascht sein, dass sie nach dem bewusst herbeigeführten gemeinsamen Bundestagsbeschluss mit der rechtsextremistischen AfD über Merz‘ rechtswidrigen „Fünf-Punkte-Plan“ deutlich kritisiert wird.

Die Anfrage enthält aber auch eine mehr als unterschwellige Drohung. „Wir haben euch im Auge“, das soll die Botschaft an eine unabhängige und kritische Zivilgesellschaft sein, „und wir werden nicht zögern, euch die Gemeinnützigkeit und damit einen erheblichen Teil eurer Finanzierung zu entziehen“. Formal bezieht die Union sich dabei auf das umstrittene Urteil des Bundesfinanzhofs von 2019, mit dem damals attac die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Gegen das Urteil ist weiter eine Verfassungsbeschwerde anhängig; auch der BFH hatte allerdings geurteilt: Zivilgesellschaftliche Organisationen dürfen politische Bildungsarbeit machen – nur dürfen reine Kampagnen zu tagespolitischen Themen nicht im Vordergrund stehen. „Politische Neutralität“ ist also nicht gefordert. Der Einsatz für Demokratie und gegen demokratiefeindliche Tendenzen ist auch steuerrechtlich förderungsfähig, grundgesetzlich erlaubt ist er ohnehin.

Kirchliche Organisationen finden sich nicht auf der langen Liste der Union. Wir erklären uns gleichwohl solidarisch mit den betroffenen Gruppen. Die Einschüchterung der Zivilgesellschaft durch die vermutlich kommende Regierungsfraktion, zumal für nachvollziehbare demokratische Kritik, ist nicht akzeptabel. Der Zustand einer Demokratie misst sich gerade am Umgang einer Regierung mit kritischer, ja unliebsamer Zivilgesellschaft. Für Anfragen solcher Art war bislang nur die AfD bekannt. Wir dürfen ein solches Agieren nicht hinnehmen.

 

 

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